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Globale Vernetzung bedeutet in der Regel die Einbindung einer Lieferkette in den Produktionsprozess. Der damit häufig erzielten Senkung der Herstellungskosten stehen allerdings wirtschaftliche und gesellschaftliche Risiken gegenüber. Lösungsansätze und Handlungsanweisungen finden sich in DIN- und ISO-Normen ebenso wie im deutschen Lieferkettengesetz.
Es gibt verschiedene Normen und Publikationen von Normungsorganisationen, in denen es um die Lieferkette geht. Zu nennen sind bei ISO (International Standardisation Organisation) und DIN (Deutsches Institut für Normung) insbesondere folgende Dokumente:
Die Norm stellt Empfehlungen zur Verfügung, auf welche Weise Nachhaltigkeit (wie sie in der ISO 26000:2017 – Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung beschrieben ist) in die Grundsätze und Verfahren der Beschaffung einschließlich der Lieferkette integriert werden kann, um die Risiken für nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Wirtschaftlichkeit zu steuern.
Die Norm soll die Chancen kleiner und mittelgroßer Organisationen in ihren Lieferketten verbessern. In Abschnitt 4 werden die Prinzipien der nachhaltigen Beschaffung beschrieben. Der Abschnitt legt einen Schwerpunkt auf die Beurteilung und Behandlung von relevanten Risiken. In Abschnitt 5 wird die Integration von Nachhaltigkeits-Gesichtspunkten auf strategischer Ebene in die Verfahren der Beschaffung behandelt. Dem Verständnis der Beschaffungsverfahren und der Lieferketten ist ein eigener Unterabschnitt gewidmet. Die Strukturierung der Beschaffungsfunktionen wird im Abschnitt 6 behandelt. Abschließend behandelt Abschnitt 7 die Integration von Nachhaltigkeit in die Beschaffungsprozesse.
Die Lieferkette wird somit in der ISO 20400 als Teil der Beschaffungsthematik behandelt. Sie wird im Abschnitt 3.32 als Abfolge von Aktivitäten oder Parteien, die Güter oder Dienste für die Organisation bereitstellen, definiert. Eine Partei, die Güter oder Dienste bereitstellt, wird in Abschnitt 3.30 als Lieferant definiert. Der Auswahl der Lieferanten wird im Unterabschnitt 7.4 ein gesonderter Bereich eingeräumt.
Die ISO veröffentlichte 2020 die Informationsbroschüre Delivering Supply Chain Confidence. Hintergrund ist der Umstand, dass moderne Lieferketten immer komplexer werden, während Unternehmen ihre Kosten zu optimieren suchen und gleichzeitig flexibel bleiben möchten. Lieferketten, die sich über mehrere Länder erstrecken, bedeuten für Compliance, Sicherheit sowie ökologische und soziale Verantwortung größere Herausforderungen. Beschaffung macht laut ISO bis zu 70 % des Aufwandes einer Gesellschaft aus, sodass eine Störung die Ertragslage, den Markenruf und die Kundenloyalität beeinflussen könne. In diesem Zusammenhang wird einleitend auf die Toolbox des Conformity Assessments (z. B. ISO/IEC 17025, ISO/IEC 17020, ISO/IEC 17024, ISO/IEC 17065 und ISO/IEC 17029) und die Akkreditierung der Prüforganisationen verwiesen.
Weiter heißt es, angesichts der Komplexität moderner Lieferketten seien Prüfungen und Zertifizierungen im Ausland als Nachweis für die Einhaltung rechtlicher Anforderungen und vertraglicher Spezifikationen wichtig, um Vertrauen in den freien Austausch von Gütern und Diensten zu erhalten.
Anhand von Beispielen werden die Vorteile dargestellt, die sich durch den Einsatz der Toolbox in Lieferketten erzielen lassen:
Im Jahr 2016 ist die Informationsbroschüre ISO 9001 – What does it mean in the supply chain? in der dritten Auflage erschienen. Sie soll Antworten darauf geben, was es bedeutet, wenn Produkte und Dienste mit Bezug auf die ISO 9001 angeboten werden, und wie sich sicherstellen lässt, dass die Anbietenden auch halten, was sie versprechen. Es wird dargestellt, wie die ISO 9001 als Lieferkettenwerkzeug genutzt werden kann.
Weiterhin wird erläutert, dass die ISO 9001 (in Deutschland vom DIN übernommen als
DIN EN ISO 9001:2015-11) Anforderungen für den Beschaffungsprozess enthält und es in den Händen der Abnehmer*innen liege, den Lieferant*innen genau vorzugeben, was gebraucht werde. Dafür erforderliche Überlegungen werden beispielhaft aufgeführt. Laut ISO können Anbietende auf verschiedene Weise den Nachweis erbringen, dass ihre Qualitätsmanagementsysteme die Anforderungen der ISO 9001 erfüllen. Wichtig: Diese Nachweise betreffen lediglich die Fähigkeit, konsistente, spezifikationskonforme Produkte oder Dienste zu liefern– nicht aber, dass die Produkte oder Dienste direkt die Anforderungen der ISO 9001 erfüllen.
Nur sieben Tage lang (vom 23. bis zum 29. März 2021) war der Suezkanal durch das Containerschiff »Ever Given« blockiert, doch der dadurch verursachte Schaden wird von der Versicherungswirtschaft auf 10 Milliarden US-Dollar beziffert. Lieferketten wurden durch den Zwischenfall gestört – mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen. Die Folgen des Rückstaus haben noch lange nachgewirkt – in den Unternehmen ging es dabei um die Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit, ein Thema, bei dem sie durch DIN- und ISO- Normen unterstützt werden.
Im Dezember 2021 in neuer Auflage veröffentlicht, steht im Bereich der Lieferkette die ISO/TS 22318 Security and resilience – Business continuity management systems – Guidelines for supply chain continuity als Hilfestellung zur Verfügung. Die Norm baut auf der ISO 22301 und der ISO 22313 auf, die in Deutschland von der DIN als DIN EN ISO 22301:2020 Sicherheit und Resilienz – Business Continuity Management System – Anforderungen und als DIN EN ISO 22313:2020 Sicherheit und Resilienz – Business Continuity Management System – Anleitung zur Verwendung von ISO 22301 übernommen worden sind. Die darin beschriebenen Prinzipien zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit werden auf die Steuerung von Lieferkettenbeziehungen ausgedehnt.
Lieferant*innen sollten ein eigenes Steuerungssystem zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit (BCM) implementiert haben, möglichst nach ISO 22301. Die Auswirkungen von Störungen in der Lieferkette können zu einer mitunter fatalen Störung des eigenen Betriebes führen. Daher sollte die Aufrechterhaltung der Lieferkette Teil der Steuerung der Aufrechterhaltung des eigenen Betriebes sein.
Mit der Einbindung der Lieferkette in das BCM der Organisation wird die Resilienz der Lieferkette gestärkt und das Risiko von Störungen bei der Beschaffung von Gütern oder Leistungen verringert. Damit erhöht sich auch das Vertrauen von Geschäftspartner*innen und Kund*innen.
Auch die ISO 28000 versprach im Titel ihrer Fassung von 2007 Regelungen für die Lieferkette („Security management systems for the supply chain“). Tatsächlich enthielt sie jedoch fast ausschließlich Anforderungen an ein allgemeines Sicherheitsmanagementsystem. Sie wurde inzwischen »generalüberholt« und im März 2022 als ISO 28000:2022 Security and Resilience - Security management systems - Requirements veröffentlicht. Ihre Übernahme als nationale DIN‑Norm ist vorgesehen.
In Deutschland gibt es seit Sommer 2021 eine gesetzliche Regelung zur Lieferkette. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) vom 16. Juli 2021, auch häufig nur als „Lieferkettengesetz“ bezeichnet, gibt unternehmerische Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten vor.
Vorschriften zu Ermächtigungen für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Unterabschnitt 3 zu Behördenzuständigkeiten sind bereits am 23. Juli 2021 in Kraft getreten. Das Gesetz selbst tritt in seiner Gesamtheit am 1. Januar 2023 in Kraft. Es ist dann auf inländische Unternehmen und inländische Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen anzuwenden, die in der Regel mehr als 3.000 Arbeitnehmende im Inland beschäftigen. Ab dem 1. Januar 2024 wird der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmende abgesenkt. Auch Leiharbeitnehmer*innen müssen bei der Ermittlung der Anzahl berücksichtigt werden, sofern ihre Einsatzdauer 6 Monate übersteigt. Die Arbeitnehmenden konzernangehöriger Gesellschaften sind bei der Berechnung der Obergesellschaften zu berücksichtigen.
Abschnitt 2 des LkSG erinnert an den auf Risikomanagement basierenden Ansatz der ISO-Normenwelt zur Unternehmenssteuerung (Managementsystemnormen). Der § 3 verpflichtet die Unternehmen dazu, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Diese Sorgfaltspflichten enthalten:
Was angemessen ist, bestimmt sich nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen, der zu erwartenden Schwere einer Verletzung und ihrer Umkehrbarkeit sowie dem Verursacherbeitrag des Unternehmens. Pflichtverletzungen nach LkSG begründen keine zivilrechtliche Haftung – eine unabhängig vom LkSG begründete Haftung bleibt aber auch unberührt.
Die Abschnitte vier (§§ 12 – 21), fünf (§ 22) und sechs (§§ 24 & 25) des Gesetzes enthalten Kontrollbefugnisse der Behörden und Sanktionen im Fall von Verstößen. Zu letzteren können der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge, Zwangsgelder bis 50.000 EUR und Bußgelder bis 500.000 EUR bei umsatzstarken Unternehmen bis zu einer Höhe von 2 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes gehören.
Der Schwerpunkt der Normierung zur Lieferkette durch Normungsinstitute liegt international und national eher im betriebswirtschaftlichen Bereich. Die Normen greifen Fragen zum Risikomanagement, zum Sicherheitsmanagement und zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit auf. Die ISO behandelt in ihren Publikationen das Thema Vertrauen in die Lieferkette bzw. in die dort beteiligten Partner. Dagegen behandelt die deutsche Gesetzgebung zur Lieferkette eher gesellschaftliche Pflichten (social responsibility). Sie befasst sich mit dem Umgang mit Risiken im Zusammenhang mit Menschenrechten und Umweltschutz und formuliert dazu Pflichten für Unternehmen mit 1.000 oder mehr Mitarbeitenden.
Dr. Frank Herdmann ist Inhaber der Auxilium Management Service, die kleine und mittelgroße Unternehmen bei der Organisation ihres Geschäfts unterstützt. Er leitet mehrere DIN-Gremien aus dem Bereich der Organisationsprozesse und vertritt den DIN als Experte für Managementsystemnormen bei der ISO. Es ist Autor mehrerer Publikationen zu Steuerungssystemen für Unternehmen. |
Publikation DIN Media Praxis 2021-03
Drei Schritte zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeitab 48,00 EUR inkl. MwSt.
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DIN EN ISO 22301:2020-06ab 112,30 EUR inkl. MwSt.
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