Der Deutsche Beton- und Bautechnik-Verein E.V. wurde im Jahr 1898 gegründet und steht als Initiator, Plattform und Motor für die Entwicklung innovativer Werkstoffe und Bautechniken mit der Kernkompetenz Betonbau. Durch jahrelange praktische Erfahrungen verfügt der DBV über qualifiziertes Fachwissen zu Regelwerken, Ausführungstechniken und Qualitätsanforderungen.
Dabei fördert der DBV Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des Bauwesens. Dazu werden Forschungsprojekte gefördert und verwirklicht. Diese Erkenntnisse werden in die Bearbeitung von Regelwerken eingebracht sowie in praxisgerechter Form allen DBV-Mitgliedern und der Fachöffentlichkeit vermittelt.
Die bekannten DBV-Merkblätter, die erstmals 1983 als DBV-Merkblattsammlung erschienen sind, spiegeln den aktuellen Stand der Technik wider und sind richtungsweisende, praktische Arbeitsunterlagen. Sie werden fortlaufend aktualisiert.
Zu den Merkblättern veröffentlicht der DBV eine DBV-Heftreihe. Hier finden sich ergänzende Hintergründe und Informationen zu den DBV-Merkblättern sowie zu Forschungsergebnissen.
Das Regelwerk richten sich an alle am Bau Beteiligten:
Die DBV-Schriften werden in den Gremien des DBV zu den Themen Bautechnik, Bauberatung, Forschung, Digitalisierung, Klimaschutz und Klimawandel erarbeitet. In diesen Gremien arbeiten Fachleute aus Bauaufsicht, bauausführenden Unternehmen, Baustoffindustrie, Ingenieurbüros und Wissenschaft mit. Die Schriften werden fortlaufend aktualisiert. In der deutschen Planung und Bauausführung des Betonbaus haben sie sich über Jahrzehnte bewährt.
Die Heftreihe 50 „Nachhaltiges Bauen mit Beton“ des Deutschen Beton- und Bautechnik-Vereins (DBV) in Berlin gibt Hilfestellungen, um die Branche bei der Verbesserung ihrer Ökobilanz zu unterstützen, so die Überzeugung von Susanne Urban, Leiterin Bautechnik beim DBV. Jetzt ist Band 3 der Heftreihe erschienen. Ein Schwerpunkt: Planen von Tragstrukturen und Fokussierung auf das Thema Geschossdecken.
Wir haben Frau Dr. Dipl.-Ing. Susanne Urban interviewt. Sie ist Bauingenieurin mit vertieften Kenntnissen im konstruktiven Ingenieurbau und war 18 Jahre in Ingenieur- und technischen Büros in der Bauindustrie tätig. Sie hält zum Thema „Bauen mit Betonfertigteilen“ Vorlesungen am Institut für Entwerfen, Leichtbau und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart und leitet seit Februar 2022 den Bereich Bautechnik beim Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein E.V. (DBV) in Berlin. |
Der DBV befasst sich schon lange mit dem Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Zur Erinnerung: Rund 40 Prozent der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase gehen auf das Konto des Gebäudesektors und der Bauindustrie, davon entstehen acht Prozent in der Zementherstellung. Wer hier ansetzt, hat einen großen Hebel für spürbare Verbesserungen. Der Wille, eine Heftreihe auf den Markt zu bringen, die sich der Reduktion von CO₂-Emissionen im Betonbau widmet, war bereits vorhanden, als ich vor zweieinhalb Jahren zum DBV gestoßen bin. Seitdem sind drei Bände erschienen. In Zusammenarbeit mit Bauunternehmen, Planungs- und Ingenieurbüros verfolgen wir ein gemeinsames Ziel: ein nachhaltiges Bauen mit Beton und eine Tragwerksplanung, die den Klimaschutz berücksichtigt und sich auch nach heutigem Baurecht unmittelbar umsetzen lässt.
Der Band 1 „Nachhaltiges Bauen mit Beton – Graue Emissionen und Lösungsansätze zum Klimaschutz“ dient der Vermittlung von Hintergrundwissen. Drei Fachaufsätze skizzieren, was Nachhaltigkeit im Bauwesen bedeutet. Außerdem beschreiben die Beiträge Lösungsstrategien in Konstruktion und Baustoffherstellung und zeigen auf, wie sich der Betonbau dekarbonisieren lässt. Der zweite Band trägt den Untertitel „Quick Wins für den Klimaschutz“ und zählt Sofortmaßnahmen auf, die sich im aktuellen baurechtlichen Rahmen in Deutschland kurzfristig umsetzen lassen. Insgesamt behandeln wir acht Beispiele, darunter die Verlängerung des Nachweisalters, die zonierte Bauweise bei massigen Bauteilen oder den Einsatz von klinkereffizienten Zementen.
Band 3 macht deutlich, wie wichtig es ist, Nachhaltigkeit bereits in der Entwurfsphase zu berücksichtigen. Die Baukonstruktion technisch zu optimieren und die Betonmenge zu reduzieren, gehört zu den Hauptmaßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität im Bauwesen. Gepaart mit der ökologischen Optimierung des Betons kann man sehr viel CO2-Emissionen einsparen. Weil der Tragwerksplanung eine besondere Rolle zukommt, widmet sich der erste Beitrag der Herangehensweise an die Ökobilanz von Tragstrukturen. Wir erläutern Fachbegriffe und geben GWP-Werte, das sogenannte Global-Warming-Potential (Treibhauspotenzial), für die gängigsten Materialien an, wie z. B. Betone verschiedener Festigkeitsklassen, Stahl und Holz. Diese Werte kann man bei den ersten Schritten der Erstellung einer Ökobilanz in der Entwurfsphase verwenden. Die GWP-Kennzahl gibt an, wie viel CO2-äquivalente Emissionen ein Material in den verschiedenen Lebenszyklusphasen verursacht und ist eine entscheidende Grundlage für die Klimabilanz eines Bauwerks. Der zweite Teil gibt praktische Tipps: Erfahrene Praktiker*innen aus der Tragwerksplanung zeigen, wie der Klimaschutzgedanke sich in der Planung verankern lässt. Der Beitrag gibt Vorschläge zur direkten Umsetzung von Optimierungsmaßnahmen und orientiert sich am zeitlichen Ablauf der Planung und den neun HOAI-Leistungsphasen.
Genau, der dritte Teil von Band 3 rundet die vorangehenden Beiträge ab. Er besteht aus einem Geschossdeckenkatalog, den wir mit der Unterstützung vieler unserer Mitglieder aus der Praxis erstellen konnten. Insgesamt beleuchten wir 21 typische Deckensysteme im Hochbau – von der massiven Flachdecke, der Decke aus vorgespannten Betonfertigteilen, über Verbundmaterialien bis zur Stahlbeton-Kassettendecke. Auch Holzdecken sind dabei. Wir ermitteln beispielhaft GWP-Werte und berechnen somit wieviel CO2 pro Quadratmeter jedes Deckensystem unter den gegebenen Randbedingungen verursacht. Außerdem zählen wir die jeweiligen Vorteile und eventuellen nachteiligen Effekte auf und zeigen mögliche Optimierungsmaßnahmen.
Weil Geschossdecken im Hochbau, verglichen mit anderen Bauteilen des Tragwerks, am meisten Material verbrauchen. Der Masseanteil an Beton in den Decken macht bis zu 40 Prozent, mitunter sogar 50 Prozent des gesamten Tragwerks aus. Je mehr Stockwerke ein Bauwerk hat, desto größer ist die anteilige Betonmasse und somit auch der verursachte CO2-Fußabdruck, der in den Decken steckt.
Im Bauwesen sorgt dieser Punkt tatsächlich für Diskussionen. Sobald man die Masse reduziert, reduziert sich auch der Schallschutz eines Bauteils. Beton- und somit massereduzierte Geschossdecken bringen, ähnlich wie Decken aus Holz, einen geringeren Schallschutz als massive Betondecken. Die Frage ist, ob immer das Maximum an Schallschutz, quasi der erhöhte Schallschutz, notwendig ist, oder ob wir zugunsten der Nachhaltigkeit Kompromisse eingehen wollen. Eines jedenfalls steht fest: Die Tragfähigkeit und Sicherheit unserer Bauwerke ist nicht verhandelbar. Sie hat im Ingenieurwesen oberste Priorität. In Fragen der Gebrauchstauglichkeit haben Bauherren und Bauherrinnen das letzte Wort. Wenn sie sich künftig entscheiden, die Priorität auf Nachhaltigkeit zu setzen statt auf Komfort, könnte das Bauwesen gemeinsam viel erreichen.
Andere Baustoffe haben auch Vorteile. Aber im Bauwesen stehen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und zum Teil auch das Design nun einmal an erster Stelle. An diesen Zielen richtet sich unser Vorgehen bei der Wahl der Materialien für ein neues Bauwerk in erster Linie aus. Betrachtet man den Beton, hat er sehr große Vorteile. Richtig geplant, ist er langlebig, wartungsarm, rezyklierbar, meist lokal produziert, preiswert und frei formbar. Diese Eigenschaften machen Beton zu einem perfekten Baustoff. Damit Beton unser Baustoff der ersten Wahl bleiben kann, ist es umso wichtiger, dass wir uns der Nachhaltigkeit und all ihren Aspekten im Betonbau widmen. Die Forschung bringt nahezu täglich neue Erkenntnisse zutage und wir befinden uns in einem permanenten Lernprozess. Beton wird seine Vorzüge behalten. Seine Nachteile ins Positive umzukehren, damit müssen wir jetzt anfangen.
Das Thema Nachhaltigkeit erlaubt aufgrund der vielen Wechselwirkungen kein Schwarz-Weiß-Denken. Eine Maßnahme, die sich im frühen Stadium der Planung positiv darstellt, kann sich im Laufe des Projekts als nachteilig erweisen und umgekehrt. Bei der Planung eines Bauwerks haben wir zu Beginn großen Einfluss auf die Menge der möglichen CO2-Reduktion. Im Verlauf der Planungsphasen bis hin zur Ausführung des Gebäudes schwindet der Einfluss. Auch muss man jedes Bauvorhaben und seine Rahmenbedingungen einzeln betrachten. Es gibt keine Blaupause für alle Betonbauten. Aber es gibt viele kleine Stellschrauben und Lösungen. Diese Lösungen müssen wir finden.
Die Heftreihe ist eine echte Hilfe für die Praxis. Auftraggeber*innen und Projektentwickler*innen legen zunehmend Wert auf nachhaltige Gebäude. Der Wunsch nach einer besseren Ökobilanz schließt neben dem Betrieb auch die Herstellung der Baustruktur, die „Graue Energie“, mit ein. Wir geben in unserer Heftreihe „Nachhaltiges Bauen mit Beton“ Tipps und zeigen konkrete Maßnahmen auf, mit denen sich CO2-Emissionen reduzieren lassen. Natürlich wollen wir das Wissen, wie nachhaltiges Bauen mit Beton gelingt, in möglichst viele Büros tragen. Wer sich dieses Know-how rechtzeitig aneignet, erlangt durchaus einen Wettbewerbsvorteil.
Technische Regel [AKTUELL] 2023-02
DBV-Heft Nr. 50 Band 1:2023-02ab 117,70 EUR inkl. MwSt.
ab 110,00 EUR exkl. MwSt.
Technische Regel [AKTUELL] 2022-09
DBV-Heft Nr. 50 Band 2:2022-09ab 117,70 EUR inkl. MwSt.
ab 110,00 EUR exkl. MwSt.
Technische Regel [AKTUELL] 2024-05
DBV-Heft Nr. 50 Band 3:2024-05ab 117,70 EUR inkl. MwSt.
ab 110,00 EUR exkl. MwSt.