Die Pflege und Sanierung denkmalgeschützter Gebäude stellt eine komplexe Herausforderung dar. Historische Bausubstanz muss erhalten bleiben, während gleichzeitig moderne technische Anforderungen wie Heizung, Lüftung, Brandschutz und Barrierefreiheit erfüllt werden müssen. Dies erfordert ein präzises Zusammenspiel aus behutsamem Umgang mit dem Bestand und moderner Gebäudeausrüstung.
Der folgende Artikel beantwortet wichtige Fragen zum Schutz von Baudenkmälern und denkmalwerter Gebäude. Er zeigt anhand von fünf Praxisbeispielen, wie eine denkmalgerechte Sanierung erfolgreich umgesetzt werden kann. Zudem wird die VDI/WTA-Richtlinienreihe 3817 vorgestellt, die Planenden und Bauherren als umfassende Orientierungshilfe dient.
In Deutschland existieren rund 660.000 Baudenkmäler, darunter historische Fachwerkhäuser, prächtige Schlösser und funktionale Zweckbauten der Moderne. Ein Drittel davon sind laut Umweltbundesamt dringend sanierungsbedürftig oder gefährdet. Gerade in Zeiten knapper Ressourcen und wachsender Anforderungen an Wohnraum und Infrastruktur ist es wichtig, diese historischen Gebäude betriebsfähig zu halten. Nur durch angemessene Nutzung und technische Modernisierung kann der Erhalt langfristig gesichert werden.
Die Erhaltung denkmalwerter Gebäude muss verschiedene Aspekte vereinen: Denkmalschutz, technische Modernisierung, Energieeffizienz, Brandschutz und Barrierefreiheit. Eine Herausforderung der Sanierung besteht darin, behutsam zu planen, bauliche/technische Eingriffe so gering wie möglich zu halten und dennoch die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Die Maßnahmen sollen substanzschonend und reversibel ausgeführt werden. Die Verwendung spezieller Materialien und Methoden ist oft erforderlich.
Dabei ergeben sich typische Fragestellungen:
Die TGA sorgt für den zeitgemäßen Betrieb des Gebäudes, ohne die Denkmalwerte bzw. historische Bausubstanz zu beeinträchtigen. Energiesparende Systeme und nachhaltige Technologien sind zunehmend Standard. Technische Maßnahmen umfassen die Sanitärtechnik und Medienversorgung, Heizungs- und Lüftungstechnik, Elektrotechnik und Beleuchtung, Sicherheitstechnik, Fördertechnik, Brand- und Blitzschutz sowie Gebäudeautomation. Bereits im Planungsprozess müssen die Folgen einer geänderten Nutzung und die möglichen zukünftigen Schäden (z. B. Wasseraustritt) an den technischen Systemen sorgfältig analysiert werden.
Die Kaiserburg ist ein historisches Bauwerk mit engen Platzverhältnissen. Die Installation neuer Technischer Gebäudeausrüstung erforderte präzise Planung, um die denkmalwerte Substanz nicht zu beeinträchtigen. Die Wahl von Gasbrennwerttechnik und die Nutzung von Regenwasser durch Zisternen zeigen den Anspruch an moderne und nachhaltige Technik im historischen Umfeld.
Bei der Sanierung des Justizzentrums waren neben umfangreichen Renovierungen auch sicherheitstechnische Erweiterungen wie eine Sicherheitsschleuse und eine Gefängniszelle zu integrieren. Die Herausforderung lag darin, u. a. moderne Gebäudeteile harmonisch mit der historischen Sandsteinfassade zu verbinden.
Das Schloss Charlottenburg wurde über Jahrhunderte erweitert und besitzt eine bedeutende Architekturgeschichte. Die energetische Sanierung erfolgte ab 2010 weitgehend „unsichtbar“, um das Erscheinungsbild zu erhalten. Heizungs-, Lüftungs- und Elektroanlagen wurden modernisiert, ohne die Besucher des Denkmals zu stören.
Die Kunsthalle Rostock wurde unter Verwendung von Asbest gebaut, was bei der Sanierung besondere Vorsicht erforderte. Fassade (bestehend aus 1.200 Betonreliefplatten, Innenräume und Technische Gebäudeausrüstung wurden erneuert. Dabei wurden typische Merkmale wie das Sichtklinkermauerwerk im Inneren, die Oberlichtdecken und die Eichenmosaik-Böden bewahrt.
Das Olympia-Areal benötigt jährlich so viel Energie wie 8.500 Privathaushalte. 2019 begann die Planung eines energetischen Quartierskonzepts, das mit einer Photovoltaikanlage auf dem Stadiondach, LED-Beleuchtung auf dem Areal und moderner Absorptionskälteanlage Klimafreundlichkeit mit Denkmalschutz kombiniert.
Neben den Denkmalschutzgesetzen der Länder und einer Zustimmung der Denkmalbehörde für Vorhaben müssen auch bauordnungsrechtliche Vorschriften, insbesondere zum Brandschutz und zur Barrierefreiheit, beachtet werden. Die Blätter der Richtlinienreihe VDI/WTA 3817 sind keine gesetzlichen Vorgaben, sondern anerkannte Regeln der Technik und gelten als Empfehlungen und Orientierungshilfe. Allgemeine Planungsgrundsätze sind in der Charta von Venedig zu finden (bis heute rechtlich unverbindlich).
Die VDI/WTA-Richtlinienreihe 3817 bietet eine umfassende Orientierung für die Pflege , den Erhalt und Schutz denkmalwerter Gebäude. Sie gliedert sich in vier Blätter, die alle relevanten Themen abdecken:
Richtlinienblatt | Inhalte und Schwerpunkte |
Blatt 1: Allgemeine Anforderungen und Planungsgrundlagen | Grundlagen (Gesetze, Organisationen, Verfahren), allgemeine Planungsgrundsätze (Bestandsaufnahme, Raumbuch, Bewertung von Schäden, Konzepte) |
Blatt 2: Baukonstruktion | Tragwerksplanung/statische Fragestellungen und bauphysikalische Aspekte (Raumklima, Wärme- und Feuchteschutz, Abdichtung, Schallschutz), Brandschutz, Barrierefreiheit |
Blatt 3: Technische Gebäudeausrüstung | Handlungsanleitungen, Checklisten und Bewertungskriterien hinsichtlich technischer Maßnahmen der HLK-Technik, Elektrotechnik, Beleuchtung, Sicherheitstechnik, Fördertechnik, Brand- und Blitzschutz, Gebäudeautomation |
Blatt 4: Facility Management und Gebäudeunterhaltung | Substanzsicherung und -erhaltung, Monitoring |
Diese Richtlinien ergänzen die Denkmalschutzgesetze der Länder und schaffen eine verlässliche Grundlage für Planer, Bauherren und Ausführende. Durch die klare Struktur fördern sie die Einhaltung hoher Qualitätsstandards bei denkmalgerechten Sanierungen.
Der planerische und bautechnische Umgang mit denkmalgeschützten Gebäude erfordert Fachwissen und präzise Vorbereitungen. Ohne klare Standards können Fehleinschätzungen zu Substanzverlust, Sicherheitsrisiken oder nicht genehmigten Eingriffen führen.
Die VDI/WTA-Richtlinienreihe sorgt für:
Energieberater, Bausachverständige oder Architekten sind wichtige Anlaufstellen. Denkmalerfahrene Sachverständige kennen die umfangreichen Vorgaben von Denkmalschutzbehörden.
Die Pflege und Sanierung denkmalgeschützter Gebäude erfordert ein ausgewogenes Verhältnis von Bestandsschutz und Modernisierung. Die Praxisbeispiele zeigen, wie technische Anlagen heute behutsam integriert werden können. Die VDI/WTA-Richtlinienreihe 3817 bietet hierfür eine fundierte Basis, die sowohl den Denkmalschutz als auch aktuelle Anforderungen an Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz berücksichtigt. So lassen sich historische Gebäude dauerhaft erhalten und zukunftsfähig machen.
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