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Der Bedarf an gendergerechter Sprache wächst: E-Mails, Geschäftsbriefe, Geschäftsberichte, Protokolle oder Präsentationen sollen keine Person ausschließen, sondern der Diversität unserer Gesellschaft Rechnung tragen. Auch die aktuelle Ausgabe der DIN 5008, in der die Regeln für Bürokommunikation zusammengefasst sind, hat dazu zwei Hinweise aufgenommen. Wer gendern möchte, kann sich also jetzt auch auf die gültige Norm berufen.
Johanna Usinger beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Lösungen für eine Sprache, die alle Menschen einschließt. Auf ihrer Seite geschicktgendern.de hat sie Tipps zusammengetragen und ein Wörterbuch mit alternativen Formulierungen aufgebaut, das ständig ergänzt wird. Wir sprachen mit der Expertin über Gendergerechtigkeit in der Sprache und Beispiele für eine gelungene Umsetzung im Alltag.
Dass die deutsche Sprache von männlichen Formen dominiert ist, schien jahrzehntelang für viele Menschen kein Thema zu sein. Das hat sich spürbar geändert: In den Medien, aber auch in der Geschäftskommunikation gibt es zunehmend den Wunsch, gendergerecht oder genderneutral zu formulieren. Wie kam es eigentlich dazu, und welche Ziele verbinden sich damit?
Johanna Usinger: Vielleicht, weil es längst überfällig ist, die zweite Hälfte der Gesellschaft mit zu nennen? Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 entschieden, dass im Personenstandsregister neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht noch eine dritte Option zur Eintragung angeboten werden muss. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass der Genderstern oder der Unterstrich bekannter geworden sind und immer mehr verwendet und akzeptiert werden.
Ich glaube aber, dass das Thema bereits seit Jahrzehnten aktuell ist und viele Menschen schon sehr lange bewegt. Doppelnennungen, Schrägstrich und neutrale Formen sind in manchen Kontexten längst in unsere Alltagssprache übergegangen: Es ist für uns selbstverständlich, dass wir „Sehr geehrte Damen und Herren“ sagen und nicht nur die „Herren“ begrüßen. Auch neutrale Begriffe wie „Studierende“ oder „Lehrkraft“ genießen gesellschaftliche Akzeptanz und werden, wenn auch oft unbewusst, als genderneutrale Begriffe verwendet.
Ein Einwand, der häufig zu hören ist, lautet: Eine Form wie „Lehrer“ sei kein gewöhnliches Maskulinum, sondern ein generisches, das alle Lehrenden bezeichnet und damit auch Frauen „mitmeint“. Warum sollten wir auch ein solches Maskulinum vermeiden?
Johanna Usinger: Verschiedene Studien zeigen, dass Frauen und Menschen anderer Geschlechter weniger mitgedacht werden, wenn in der Sprache nur die männliche Form benutzt wird.
Ich mag die kleine Geschichte, die ich einmal irgendwo aufgeschnappt habe:
Sitzen zwei Ärzte abends in einer Kneipe und unterhalten sich. Der eine zum anderen: „Puh, was für eine harte Woche, ich habe drei Herzen transplantiert. Wie war’s bei dir?“ Der andere: „Ach, bei mir war’s ruhig. Ich darf ja nicht mehr operieren, weil ich schwanger bin.“
Ich vermute, dass wir alle über die letzte Aussage stolpern, weil wir uns zwei Männer vorgestellt haben und nicht eine Frau und einen Mann
Frauen und andere Geschlechter mit zu nennen, hat auch konkrete Auswirkungen auf unser Verhalten: Kinder, so zeigt eine Studie, trauen es sich eher zu, gewisse Berufe zu ergreifen, wenn von ihnen in der Doppelform gesprochen wird, also: Ärztinnen und Ärzte, Dachdeckerinnen und Dachdecker. Gendergerechte Sprache ermöglicht hier ganz konkret einen größeren Spielraum im Denken, Handeln und Verhalten.
Beim Gendern von Texten geht es oft um Personenbezeichnungen. Neben neutralen Formen (Teilnehmende) sind auch Paarformen möglich (Teilnehmerinnen und Teilnehmer). Dann gibt es noch die Möglichkeit, sie mit speziellen Zeichen zu gendern. Die DIN 5008, die Norm für Bürokommunikation, erwähnt in diesem Zusammenhang das Sternchen (*) und den Unterstrich (_), lässt aber auch andere Möglichkeiten zu. Warum ist es überhaupt sinnvoll, solche Zeichen zu verwenden?
Die meisten Ratgeber und Institutionen empfehlen neutrale Schreibweisen wie zum Beispiel Abteilungsleitung, Redepult, ärztliches Fachpersonal oder andere geschickte Möglichkeiten, wie das Umformulieren von Sätzen: „Holen Sie sich bei Fragen ärztlichen Rat oder erkundigen Sie sich in Ihrer Apotheke“ statt „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Oder die direkte Anrede: „Stellen Sie Ihren Antrag bis zum Monatsende“ statt „Antragsteller müssen die Unterlagen bis zum Monatsende einreichen“. Oder das Verwenden eines Plurals: „Alle Angestellten haben Anspruch auf einen Homeoffice-Tag“ statt „Jeder Angestellte hat den Anspruch auf einen Homeoffice-Tag“. Oft funktionieren neutrale Schreibweisen auch mit der Person, die näher beschrieben wird: „Wir suchen eine Person für die Sachbearbeitung“ statt: „Wir suchen einen Sachbearbeiter“.
Erst wenn sich keine Alternative bietet, sollten Schreibweisen wie die Doppelnennung, das Sternchen oder der Unterstrich verwendet werden. Das Gendern mit Sternchen oder Unterstrich bringt gegenüber der Doppelnennung den Vorteil, dass auch Personen angesprochen werden, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen wollen oder können. Allerdings hat der Rat für deutsche Rechtschreibung sich hier noch nicht auf ein verbindliches Sonderzeichen festgelegt und es wird momentan viel ausprobiert. Manche würden gerne ein Ausrufungszeichen (Chef!nnen) setzen, damit Frauen nicht als Anhängsel dastehen, andere nutzen das auch im Französischen und Katalanischen gebräuchliche i mit zwei Punkten (Chefïnnen). Schon häufiger ist mir in letzter Zeit auch der Doppelpunkt begegnet (Programmierer:innen). Er hat drei Vorteile: Er ist schlank und unterbricht das Wort weniger als Stern oder Unterstrich, er nennt Menschen mit, die nicht weiblich oder männlich sind oder sein wollen, und Screenreader für blinde Menschen lesen ihn als Pause – so ist die gendergerechte Sprache auch barrierefrei.
Wie werden in solchen Formulierungen die Artikel verwendet?
Es gibt dazu noch keine verbindlichen Regelungen. Wir können aber auf die Erfahrungen der Menschen zurückgreifen, die Unterstrich und Sternchen schon seit Jahrzehnten verwenden: In der Regel werden auch Artikel und Pronomen mit Sternchen/Unterstrich/Doppelpunkt verwendet: Jede:r Büromitarbeiter:in bekommt einen eigenen PC-Zugang. Die/der Angestellte darf ihren/seinen Hund mit ins Büro bringen. Sie*er muss Rücksprache mit den Kolleg*innen halten.
Wie wird ein Gendersternchen ausgesprochen?
Das Gendersternchen wird wie eine ganz kurze Pause vor der Endung „-innen“ ausgesprochen. Vielleicht klingt es anfangs etwas ungewohnt, ich finde aber, man kann sich schnell daran gewöhnen. Bei „Anne Will“ oder im „heute journal“ ist das gelegentlich schon zu hören.
Ein häufiger Stolperstein bei der Umsetzung geschlechtergerechter Sprache ist die Anrede. Gibt es dafür einfache Faustregeln – zum Beispiel, wenn das Geschlecht der angesprochenen Person nicht bekannt ist?
Wenn es sich um eine Personengruppe handelt, kann ich ausweichen und statt „Sehr geehrte Damen und Herren“ zum Beispiel eine dieser Varianten wählen: „Guten Tag“, „Sehr geehrtes Team der Muster GmbH“, „Sehr geehrter Kundenservice“ oder „Sehr geehrte Beschäftigte“. Denn oft kenne ich zumindest die Zielgruppe, die ich ansprechen will. Bei einzelnen Personen kann ich ein „Guten Tag“ vor den vollen Namen setzen oder den Genderstern benutzen.
Machen gendergerechte Formulierungen unsere Sprache komplizierter und stören sie den Lesefluss?
Wenn ich mich für gendergerechte Sprache entscheide, dann aus Überzeugung, dass ich durch Sprache die Welt etwas gerechter machen und zur Gleichberechtigung der Geschlechter beitragen kann.
Einwände, dass gendergerechte Sprache kompliziert ist und den Lesefluss stört, sind formale Argumente. Abgesehen davon sind wir in vielen anderen Kontexten komplizierte Sprache gewöhnt, wie zum Beispiel bei Behördendeutsch oder in Verträgen. Dagegen ist ein Genderstern oder der Unterstrich keine sonderlich schwere Herausforderung.
Neben Sonderzeichen gibt es aber auch geschickte Alternativen, die den Textfluss nicht stören: Umformulierungen, neutrale Formen, Verwenden des Plurals oder die direkte Anrede. Im Idealfall merken die Menschen, die einen Text lesen, gar nicht, dass er gendergerecht geschrieben ist, weil das Geschlecht keine Rolle spielt. Wenn an einer Promenade „Radfahrer bitte absteigen“ sollen, ist es nicht relevant, ob Frau, Mann, Kind, eine andere Person oder ein Roboter auf dem Fahrrad sitzt. Warum also nicht einfach „Fahrräder bitte schieben“? Das klingt dazu noch viel freundlicher.
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