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Seit mehr als einem Jahrzehnt hat sich das Konzept der anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlagen als unverzichtbarer Bestandteil der informationstechnischen Infrastruktur von Gebäuden etabliert, weil es erhebliche technische und ökonomische Vorteile gegenüber der bedarfsorientierten Vorgehensweise bietet1). Der Ansatz wurde ursprünglich für eine diensteunabhängige, universell einsetzbare Vorverkabelung zur Unterstützung von informations- und kommunikationstechnischen Netzanwendungen in Bürogebäuden entwickelt. Entsprechende Normungsergebnisse wurden mit DIN EN 50173:1995-11 und DIN EN 50173-1:2003-06 veröffentlicht.
Die grundlegenden Eigenschaften von anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlagen - einheitliche Topologie, Klassifizierung von Übertragungsstrecken mit definierten Eigenschaften, einheitliche Schnittstelle zum Anschluss der Endgeräte - lassen sich mit gewissen Modifikationen auch auf andere Gebiete übertragen. Beispiele hierfür sind industriell genutzte Standorte, Wohngebäude und Rechenzentren. Um dem Bedarf der Anwender nach geeigneten Normen für diese Anwendungsfelder Rechnung zu tragen, beschloss das zuständige europäische Normungsgremium, CENELEC/TC 215, die vollständige Überarbeitung von EN 50173-1 und Neuveröffentlichung als Normenreihe EN 50173. Dabei wurde darauf geachtet, dass diejenigen Anforderungen und Eigenschaften, die für mehrere bzw. alle Gebäudearten zutreffen, nur einmal - in Teil 1 - festgelegt werden. Zur Realisierung einer anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlage in einem bestimmten Umfeld (Gebäudeart, Standort) ist daher der betreffende Teil X (X = 2, 3, 4, 5, ...) stets zusammen mit DIN EN 50173-1 anzuwenden.
DIN EN 50173-1:2007-12 enthält die allgemein gültigen Festlegungen zu den primären und sekundären Teilsystemen der Verkabelung sowie die übertragungstechnisch relevanten Spezifikationen der Übertragungsstreckenklassen und dazugehörigen Komponentenkategorien für Kabel, Steckverbinder und Anschlussschnüre der Endgeräte. Als eine wesentliche Neuerung wird das Konzept der Umgebungsklassifikation - die so genannte MICE-Klassifikation - eingeführt. Damit wird das Phänomen berücksichtigt, dass sich aufgrund unterschiedlicher Umgebungsbedingungen in den verschiedenen Einsatzfeldern bei sonst identischen elektrischen bzw. optischen Übertragungseigenschaften u. a. unterschiedliche Anforderungen an die zu verwendenden Verkabelungskomponenten ergeben. Weiterhin wurden in Abschnitt 5 zusätzliche Übertragungsstreckenklassen zur Unterstützung neuer Medien (koaxiale Kabel, Kunststofffasern) und neuer Netzanwendungen aufgenommen; die Mindestanforderungen an geeignete Komponenten (Abschnitte 7, 8 und 9) sowie neu unterstützte Netzanwendungen (Anhang F) wurden ergänzt.
DIN EN 50713-2:2007-12 enthält die Festlegungen zum tertiären (horizontalen) Teilsystem der Verkabelung sowie die Anforderungen an den so genannten informationstechnischen Anschluss am Arbeitsplatz, die in Bürogebäuden anzuwenden sind. Diese Anforderungen treffen in gleicher Weise auf Räumlichkeiten in Gebäuden mit gemischter Nutzung (Wohnungen, Arztpraxen, Kanzleien usw.) zu, die als Büro verwendet werden sollen. Zusammen mit DIN EN 50173-1 ersetzt diese Norm die bisher für Büroanwendungen gültige DIN EN 50173-1:2003-06.
Die Norm DIN EN 50173-3:2007-12 enthält die besonderen Festlegungen anwendungsneutraler Kommunikationskabelanlagen, die bei industriell genutzten Standorten anzuwenden sind. Sie unterstützt damit die Anwender von Anlagen der industriellen Automation, die zunehmend an der Nutzung einer anwendungsneutralen Infrastruktur an Stelle von proprietären Lösungen interessiert sind, insbesondere zur durchgängigen Einbindung dieser Lösungen in die vorhandenen Unternehmensnetze im Bürobereich, die in der Regel bereits seit vielen Jahren anwendungsneutral ausgeführt sind und meist Ethernet-basierte Protokolle verwenden. Die unterstützten Netzanwendungen zur Prozessüberwachung und -steuerung sind in DIN EN 50173-1, Tabellen F.8, F.9 und F.10, genannt.
Zur Berücksichtigung der topologischen Besonderheiten in industriell genutzten Kommunikationskabelanlagen werden zusätzlich die Teilsysteme der Etagenverkabelung und der Zwischenverkabelung eingeführt sowie typische Beispielausführungen und die dabei erzielbaren größten Übertragungsstreckenlängen angegeben. Neben Übertragungsstrecken mit symmetrischen Kupferkabeln und Lichtwellenleiterkabeln mit Quarzglasfasern enthält die Norm auch entsprechende Anforderungen für die Verwendung von Kunststofffasern und kunststoffbeschichteten Quarzglasfasern. Die Festlegungen für die zu verwendende Verbindungstechnik berücksichtigen die in industriell genutzten Anlagen häufig anzutreffenden rauen Umgebungsbedingungen.
DIN EN 50173-4:2007-12 enthält diejenigen Festlegungen anwendungsneutraler Kommunikationskabelanlagen, die in Wohnungen (Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern) anzuwenden sind. Diese Anforderungen treffen in gleicher Weise auf Räumlichkeiten in Gebäuden mit gemischter Nutzung (Wohnungen, Arztpraxen, Kanzleien usw.) zu, die zu Wohnzwecken verwendet werden. Dabei wird berücksichtigt, dass in Wohnungen meist vielfältige Netzanwendungen aus einer oder mehreren der folgenden Gruppen unterstützt werden sollen: Informations- und Kommunikationstechnik (IuK), Rundfunk- und Kommunikationstechnik (RuK) sowie Steuerung, Regelung und Kommunikation in Gebäuden (SRKG). Zur Unterstützung von IuK- und RuK-Netzanwendungen führt die Norm das Teilsystem der Wohnungsverkabelung ein, das gegebenenfalls um ein sekundäres Teilsystem ergänzt werden kann. Im Gegensatz zu der sternförmigen Struktur bei IuK- und RuK-Netzanwendungen kann die Topologie von SRKG-Netzanwendungen vielfältige Ausprägungen annehmen (z. B. Bus, Abzweig, geschlossene Schleife). Daher definiert Abschnitt 5 der Norm für diese Anwendungen eine eigene Verkabelungsstruktur, die im Teilsystem der Versorgungsbereichsverkabelung realisiert werden kann. Entsprechende SRKG-Netzanwendungen sind z. B. in den Normen der Reihe DIN EN 50090 festgelegt.
DIN EN 50173-5:2007-12 stellt dem Betreiber und dem Planer von Rechenzentren erstmals ein Werkzeug zur Verfügung, das eine strukturierte Verkabelung ermöglicht und gleichzeitig die besonderen Bedürfnisse und Eigenschaften dieser Einrichtungen berücksichtigt. Rechenzentren zeichnen sich u. a. durch ein äußert hohes Volumen von Datenkabeln aus, die zur Bereitstellung zentraler Serverdienste (z. B. für Webhosting) an eine große Anzahl von Nutzern sowohl intern als auch zur Außenwelt benötigt werden (siehe Bild). Mit der in dieser Norm definierten Verkabelungstopologie steht eine flexible Struktur zur Verfügung, die Änderungen und Erweiterungen an der Verkabelung bei geringster Unterbrechung des laufenden Betriebs schnell und wirtschaftlich unterstützt und dabei auch die Notwendigkeit redundanter Netzausführungen berücksichtigt. Die hochleistungsfähigen Übertragungsstreckenklassen bieten auch bei rasch ansteigenden Datentransferraten der Übertragungseinrichtungen in Rechenzentren eine technisch zukunftssichere und ökonomisch attraktive Verkabelungsinfrastruktur.
1)von Pattay et al.: "Anwendungsneutrale Verkabelung für Gebäudekomplexe", DIN-Mitteilungen 1 - 2003, S. 19 ff.
Für die Normen ist das GUK 715.3 "Informationstechnische Verkabelung von Gebäudekomplexen" der DKE zuständig.
Dieses Dokument ersetzt DIN EN 50173-1 Berichtigung 1:2005-03 , DIN EN 50173-1:2003-06 .
Dokument wurde ersetzt durch DIN EN 50173-1:2010-06 .
Gegenüber DIN EN 50173-1:2003-06 und DIN EN 50173-1 Berichtigung 1:2005-03 wurden folgende Änderungen vorgenommen: Diese Norm enthält diejenigen Festlegungen von DIN EN 50173-1:2002, die unabhängig von der Art des Standortes auf anwendungsneutrale Kommunikationskabelanlagen zutreffen. Darüber hinaus a) führt sie das Konzept der Umgebungsklassifikation ein (Unterabschnitt 5.1) und erläutert die zu Grunde gelegten Festlegungen aus den Normen der Reihe EN 60721 (Anhang G); b) legt sie zusätzliche Übertragungsstrecken für symmetrische Verkabelungsmedien und Lichtwellenleitermedien fest (5.2.2); c) legt sie zusätzliche Übertragungsstrecken für koaxiale Verkabelung fest (5.2.3); d) legt sie die Mindestanforderungen an Komponenten fest, die diese zusätzlichen Übertragungsstrecken unterstützen (Abschnitte 7, 8 und 9); e) überarbeitet und ergänzt sie die Liste der Netzanwendungen, die von anwendungsneutralen Kommunikationskabelanlagen unterstützt werden (Anhang F).